Immer wieder bin ich zu Fuß ab dem Roten Haus unterwegs. Für ein paar Tage hat die „Dagmar Aaen“ in Tasiilaq festgemacht, das Schiff von Arved Fuchs. Zu meiner Freude dürfen wir an Bord. Wir werden sehr nett von Arved Fuchs und der Besatzung empfangen und herumgeführt auf diesem wunderschönen, aber engen Segler aus Eichenholz.
Ein Ausflug führt mich die Piste entlang an eine Kette von Seen. Diesmal habe ich nur die Drohne dabei, ich will mir die Seen von oben ansehen, denn das Wetter ist ohnehin etwas bedeckt und daher nicht so fotogen. Für meine geplanten Fotos direkt senkrecht nach unten ist das aber gar nicht so schlecht. Allerdings pfeift der Wind ganz schön an diesem Tag. Die Seen leuchten in verschiedenen Türkistönen, was tatsächlich am besten von senkrecht oben zu sehen ist.
Mitternachtssonne mit glühendem Himmel
Wie versprochen gibt es noch einmal Mitternachtssonne und zwar von einer unglaublich schönen Nacht. Schon der Abend verzaubert mit warmen Lichtflecken auf wallendem Nebel, es ist kurz nach 22 Uhr.
Aber ich sehe schon, dass sich ein hohes Wolkenband über den Himmel schiebt, das die untergegangene Sonne von unten anstrahlen würde. Perfekte Bedingungen! Das Spektakel beginnt um 22:30 Uhr, als die Sonne hinter dem ersten Berg verschwindet. Um kurz nach 11 dann das Streiflicht von unten. Im Hafen könnt Ihr die „Dagmar Aaen“ liegen sehen.
Ich gehe zu Bett – soviel Zeit muss sein, es ist ja immer hell – wache aber nach einer Stunde wieder auf und erlebe einen wunderbaren brennenden Himmel.
Museum in Tasiilaq
Sehr sehenswert ist in Tasiilaq das Museum. Es ist zwar klein, aber ein Muss, wenn man die Menschen hier auch nur ein winziges bisschen verstehen will. Hier gibt es zu sehen, was man sonst nur als Erzählungen hört: Warum die Robbe für sie überlebenswichtig ist, was alles daraus hergestellt wird, welche Bräuche es gab. Ich habe Glück und komme gerade zu Beginn einer kleinen Führung.
In jedem Fall will ich das Erdhaus sehen, das hier nachgebaut wurde. Im Sommer waren die Ivi früher den Tieren folgend im Zelt unterwegs (selbstverständlich aus Robbenfell gemacht), im Winter lebten die Familien in Erdhäusern. Der niedrige Eingang sorgte dafür, dass die Wärme im Haus blieb. Beleuchtet wurde das Ganze von einer Funzel mit Robbentran. Heute etwa 60jährige Ivi haben das noch bewusst erlebt.
Aber es passiert noch etwas: das Versorgungsschiff kommt. Das Containerschiff wird lange ent- und beladen, ist es doch die einzige Versorgungsverbindung für die gesamte Region. Von November bis Ende Mai sind die Fjorde zugefroren, also muss alles in den Monaten im Sommer und Herbst gebracht werden. Könnt Ihr Euch das vorstellen? Wenn etwas alle ist, ist es alle, bis das nächste Schiff kommt. Es ist hier schon ein sehr anderes Leben als in Deutschland.
Auf den „Hausberg“
Der letzte Tag in Tasiilaq. Ich muss unbedingt die knapp 700 Höhenmeter auf den Hausberg machen. Es hat am Tag vorher geregnet und der Nebel steht noch überall, es ist grau. Trotzdem mache ich mich auf den Weg, es soll aufreißen und Nebel finde ich eh klasse. Zuerst geht es an der Satellitenanlage vorbei, Tassilaqs Verbindung zur Welt.
Und dann in weglosem Gelände steil bergan über Schotter und Felsen. Zügig klettere ich nach oben und bin nach zwei Stunden auf dem Gipfel. Was für eine Aussicht! Spektakulär schieben sich die Nebelschwaden zwischen die Granittürme. Immer wieder schwappt eine Nebelwelle nach oben.
Auf dem Rückweg spaziere ich noch etwas durch das Dorf und nehme die Stimmung auf. Zu diesen Fotos zählt auch das Titelbild. Es zeigt das südliche Ende Tasiilaq. Links ist das Rote Haus zu erkennen.
Am Morgen darauf muss ich leider abreisen. Ein paar Mal versuche ich, dazu etwas zu schreiben, aber ich finde keine Worte. Selbst jetzt, wo ich schon einen Monat weg bin, gelingt es mir nicht, mein Herz ist immer noch dort.
Hier ist der erste Beitrag über meine Ausflüge rund um Tasiilaq. Im nächsten Beitrag nehme ich euch mit auf einen Ausflug rund um die Ammassalik-Insel inklusive dem Dorf Tiniteqilaaq und der fantastischen Eisberge des Sermilik Fjords.
Sabine Pecoraro-Schneider meint
Welche Erlebnisse und diese Farben…..es mag unbeschreiblich sein – danke, daß Du es mit uns teilst!!
Sylvia Knittel meint
Ja, Grönland ist schon etwas Besonderes… Wenn ich das vermitteln kann mit meinen Bildern und Texten, bin ich glücklich.
Heinz D. Schultz meint
Wunderbare Bilder und Schilderungen, Danke fürs „Mitnehmen“.
Sylvia Knittel meint
Vielen Dank! Ich freue mich, wenn ich für dieses wunderbare Land begeistern kann!
Andreas Vogel meint
Hallo Sylvia,
mit großer Freude habe ich Deine tollen Berichte gelesen und mir die fantastischen Fotos angeschaut. Ich war Mitglied der Hauser-Wandergruppe -die Du ja als supernett bezeichnet hast :-))- und durfte mit Dir zwei der Ausflüge unternehmen sowie eine Woche im Roten Haus verbringen. Grönland, Tasiilaq und das Rote Haus sind in der Tat ein ganz besonderer Ort. Man wird ihn nie vergessen. Wir hatten natürlich auch ein ausgesprochenes Glück mit dem Wetter, was zu einem perfekten Aufenthalt beigetragen hat. Ich bin eigentlich kein großer Freund davon, einen solchen Ort ein zweites Mal zu besuchen. Es besteht dann immer die Gefahr, dass es einem als eine Art Wiederholung vorkommt und man leicht enttäuscht sein kann, wenn es nicht mehr so perfekt ist. Hier kann ich mir aber vorstellen, eine Ausnahme zu machen – vielleicht mit Beginn der längeren Tage im März, wenn alles wahrscheinlich noch sehr viel ursprünglicher ist.
Für die Zukunft kann man nur hoffen, dass der Klimawandel nicht alle Eisberge zum Schmelzen bringt, die Inuit nicht komplett europärisiert werden und der Tourismus sehr sanft bleibt.
Vielen Dank, dass Du tolle Erinnerungen bei mir hervorgerufen hast. Grönland war ein wunderbares Erlebnis !
Liebe Grüße, Andreas
Sylvia Knittel meint
Lieber Andreas,
ja natürlich erinnere ich mich an Dich – der, der immer so lässig hinten im Boot saß 😀 Ich will auch in jedem Fall wieder hin, das Land ist einfach zu faszinierend. Aber ein Zeitpunkt steht noch nicht fest. Ich würde auch gerne mal im Winter… Weißt Du was, Grönland kann einen gar nicht enttäuschen, weil es so weit ab von allem ist, was unsere normales Leben ausmacht. Die Zukunft liegt in den Sternen, gerade für dieses Land samt seiner (menschlichen und tierischen) Bewohner. Ich bin nicht optimistisch, das tut mir weh.
Vielen Dank für Deinen Zuspruch!
Liebe Grüße, Sylvia