Irgendwie ist das mit dem Netz schwierig hier, zumindest in der Wildnis, denn die Städte lasse ich ja aus bei meiner Tour. Gerade sitze ich vor dem Visitor Center das Grand Teton Nationalpark, denn hier gibt es ein bisschen Empfang. Aber zu dieser traumhaften Region später. Ich hatte ja noch den Bericht vom Glacier versprochen. Geschrieben wurde er am Montag abend (25.) in St. Mary.
Glacier-Glück
Glück gehabt – heute ist der letzte Tag in St.Mary – Restaurant und Hotel schließen morgen. So sitze ich jetzt hier in Warmen, bevor es heute Nacht wieder in die Kälte auf dem Campingplatz geht. Diesmal St. Mary, mit Aussicht auf den See. Das ist doch mal was.
Am Samstag bin ich bis zum Glacier National Park gefahren. Es war eine weite Strecke und ich war mir zu Beginn der Reise nicht sicher, ob ich den Weg in das nordöstlichste Eck auf mich nehme. Aber da ich ja abwarte, bis es in Yellowstone nicht mehr so sehr kalt ist, war plötzlich Zeit dafür. Und es hat sich gelohnt.
Die erste Nacht war ich auf dem Platz von KOA in West Glacier. Wie die ganze Fahrt über war es grau und trüb. Der Platz ist schnieke, aber sündhaft teuer. Macht nichts, so hatte ich Strom, Wasser und WLAN – und ich konnte waschen, war mal nötig. Auf der Westseite wüten dieses Jahr die Wildfeuer. Feuer und Wolken sorgten dafür, dass der Lake McDonald im Grau versank.
Besseres Wetter in Osten
Am Sonntag bin ich früh aufgebrochen, denn auf der Ostseite sollte das Wetter gut sein. Da die Going-to-the-sun-Road zwischen Apgar und Logan Pass gesperrt war wegen der starken Wildfeuer auf der Westseite, habe ich die komfortable Route über den Highway 2 gewählt. Und Meile für Meile wurde das Wetter besser, bis zum strahlend blauen Himmel. Ich hatte schon die Gelegenheit, ein paar Blicke auf die verschneiten Berge zu erhaschen, aber dann blieb mir die Spucke weg. Eine Abbiegung auf eine kleine Straße, die sich zwischen den Bergen entlangwand, war ein Glücksfall. Auch wenn die Straße mehr Schlaglöcher hatte, als ich bisher jemals in einer Straße gesehen habe. Aber ein toller Ausblick reihte sich an den anderen.
Ziel war Many Glacier, etwa 15 Kilometer weit im Park drin gelegen. Hier wollte ich nach den Ankunft auf dem Campingplatz noch eine Tour machen. Das habe ich auch, viereinhalb Stunden war ich unterwegs, zum Lake Grinell und zu den Feather Plume Falls, die sich leider als ausgetrocknet erwiesen. Das Titelbild stammt auch von der Tour. Der Sommer war einfach zu heiß und regenarm. Das bisschen Regen- bzw. Schneewetter der letzten Tage hat da auch nicht viel ausrichten können. Es erleichtert aber die Eindämmung des riesigen Sprague-Feuers, das die gesamte Region des Lake McDonald erfasst hat und auch die über hundert Jahre alte Lodge zerstört hat.
Wirkliche Wildnis
Überall hier gibt es Bären, und so bin ich froh um mein Bärenspray, das ich hoffentlich nicht einsetzen muss. Die handlichen Spraydosen samt Halterung gibt es für wenig Geld an jeder Ranger Station zu kaufen.
Am Montag dann habe ich morgens eine kleine Tour gemacht zu den Redrock Falls. Unterwegs bin ich einem Wildfotografen aus Bozeman (auch in Montana) begegnet, der mir erzählt hat, dass er letztens hier auf Grizzly Fotosafari war. Coole Leute trifft man hier…
Dann wollte ich die Going-to-the-sun-Road bis Logan Pass fahren. Sofern das klappt, denn in der Beschreibung stand was von 8 ft maximale Breite. Mein WoMo hat 10. Aber die Rangerin an der Zufahrt zum Park war ganz entspannt. Und ich dann auch, zu Recht. Die Amis mit ihren breiten Straßen, die sind so eine Passstraße nicht gewöhnt, die würden bei unseren kleinen Sträßchen den Föhn kriegen. Da war reichlich Platz! Und so war ich heute bis zum Logan Pass, der im Schnee liegt. Die Wanderung zum Hidden Lake musste ausfallen, nicht wegen dem Schnee sondern wegen der dichten, tief hängenden Wolken.
Trotzdem war die Fahrt beeindruckend, ich habe sogar eine Herde Dickhorn Schafe gesehen, die an den steilen Hängen weideten. Die Form der Täler ist wie ein U, ausgeschliffen von den Gletschern. Die Felsen sind extrem steil, hoch aufragende Wände und Spitzen mit teilweise verdrehten Formen. In den Tälern bilden sich große Seen.
Kalt ist es irgendwie schon
Jetzt sitze ich hier gemütlich, denn nachts ist es hier ganz schön frisch und ich genieße es, mal gut aufgewärmt zu werden. Denn ab spätestens sechs Uhr wird es richtig kalt. Natürlich habe ich eine Heizung im WoMo, die mit Gas funktioniert. Aber sie braucht Strom, um die warme Luft zu verteilen. Hier gibt es keinen Strom auf dem Campingplatz und die Generator-Stunden sind streng limitiert, ab 7 Uhr abends ist Schluss. Meine Batterie hält aber nur etwa zwei Stunden Ventilator durch. Ich muss das also gut verteilen, damit ich es morgens beim Frühstück noch warm habe.
Die Kälte nachts geht mir schon etwas auf die Nerven. Aber wenn der Tag beginnt, ist alles wieder gut und jeder Gedanke daran, möglichst schnell in wärmere Gefilde zu entfliehen ist vergessen.
NB von heute, 28.: die Nacht auf Montag war die letzte, in der ich gefroren habe, jetzt bin ich wohl akklimatisiert.
Biosphärenreservat Glacier
Der Glacier National Park bildet zusammen mit den Bergen auf der kanadischen Seite seit 1932 den Waterton-Glacier International Peace Park – auch genannt „Crown of the Continent Ecosystem“. Als Biosphärenreservat und Dark Sky Park tut man alles, um dieses einmalige Ökosystem zu erhalten.
Das Gebirge bildet eine dreifache Wasserscheide. Zuerst einmal trennen sich hier die Wasser, die in den Atlantik fließen von denen, die in den Pazifik fließen. Und dann ist auf dieser Seite noch die Wasserscheide zwischen Hudson Bay und Golf von Mexiko. So münden alle die Flüsse, die ich in den vergangenen Tagen zu Fuß überquert habe, in den Atlantik, und zwar in der Hudson Bay.
Der Klimawandel setzt dem Glacier National Park zu. Die einstmals mächtigen 150 Gletscher sind fast verschwunden, 25 sind noch übrig. Die Sommer werden trockener und das Feuerrisiko ist extrem. Die Baumgrenze steigt weiter an, die Flora verändert sich. Dazu gibt es seit 1992 ein Survey, die Ergebnisse sind eindeutig.
Trotzdem sind weite Bereiche im Glacier National Park nach wie vor unberührt, Luft- und Wasserverschmutzung sind Fremdwörter. Die Luft ist so klar und frisch, das man meint, es knistert beim Einatmen.
Die Westseite ist hoch hinauf bewaldet, dort gibt es mehr Regen und mehr Schutz vor den knackigen Wintern der Great Plains, die bis an die Ostseite des Glacier heranreichen.
Jutta Heußlein meint
Liebe Sylvia,
ganz wunderbare Eindrücke hast Du da wieder kunstvoll eingefangen!
Schöne Erinnerungen werden da bei mir wachgeküßt an unseren ersten USA-Urlaub 1998. Damals waren wir unter anderem im Grand Teton NP und im Yellowstone. Es war auch Ende September, aber um einiges wärmer…
Es ist so schön das alles und noch viel mehr jetzt durch Deinen Blog nochmal zu erleben.
Danke und weiterhin gute Fahrt!
Alles Liebe,
Jutta
Sylvia Knittel meint
Wie schön… Da kommt ja jetzt noch einiges, denn Grand Teton und Yellowstone war ich die letzten Tage..
Heinz D. Schultz meint
Raffiniert Langzeitbelichtungen. Unglaublich wie die Wolken über die Berge drücken. Wie bereits geschrieben. Das ist eine Fotoausstellung wert. #WunderbaresLand. Weiterhin Good Luck.
P.S.: Das Bärenspray würde ich abkaufen 🙂
Sylvia Knittel meint
Dankeschön! Nun ja, ich weiß nicht, ob ich es im Koffer mitnehmen darf 😉
Susanne Schleuter meint
Herrliche Bilder und Eindrücke, Sylvia! Gute Reise und gutes Wetter weiterhin. ?
Sylvia Knittel meint
Danke, liebe Susanne. Das Wetter spielt tatsächlich bisher fast immer mit, hoffentlich bleibt es so!