In Böbingen ist die Remstalgartenschau 2019 noch nicht vorbei. Denn dort werden die wunderbaren Beete weiter gepflegt. Diese hat Joachim Hegmann, den ich über verschiedene Gartengruppen und Veranstaltungen kenne und schätze, zusammen mit der Landschaftsarchitektin Rita Walpurgis in einem Park entlang des Klotzbachs angelegt. Im vergangenen Herbst konnte ich die wogenden Pflanzenmassen bereits bewundern, im Mai war ich noch einmal da und nun am 6. August. Alle Texte und Bilder findet Ihr hier untereinander aufgereiht.
Wer mehr über Joachim wissen will: Er hat Anke Schmitz, die den überaus interessanten Gartenblog „Grünes Blut“ betreibt, ein umfangreiches Interview gegeben. Hier ist der Link.
6. August 2020: Sommer und Beete in Hochform
Im Sommer sind die Beete in Böbingen in Hochform. Der August ist schon etwas spät für die früh blühenden Stauden wie Iris oder Penstemon, aber dafür sind andere Stauden in voller Blüte. Sichtbar ist, wie der Flor durchwechselt und immer neuen, schönen Pflanzbildern Platz macht. Hier also das Anfang-August-Bild als Bilderflut!
Das Beet am Eingang und das Iris-Taglilien-Beet
Das Beet am Eingang trumpft durch Größe auf. Den Hintergrund überragen Eupatorium fistulosum Album und Datisca cannabina, davor wird die Bühne von einem fröhlichen blau-gelb aus Agastachen, Rudbeckien, Helenium, Solidago und Verbena bonariensis bespielt, dazwischen Gräser.
Dieser weiß-gelbe Solidago ist ein echter Hingucker, vor allem in Kombination mit den rostorangenen Helenium.
Im Iris-Taglilienbeet ist natürlich längst ein anderes Gartenbild eingekehrt, es blüht nur noch eine hohe gelbe Hemerocallis. Dafür haben die Fenchel die Regie übernommen. Noch herrscht Gelb im Beet vor, die Ligularia sind noch nicht ganz verblüht und geben interessante Strukturkontraste. Die fluffigen rosa Althaea cannabina stehen in den Startlöchern, richtig blühen erst im Herbst, passend zu den blauen Astern (siehe unten im Herbstbericht).
Die in kleinen Gärten wegen ihres Verbreitungsdranges überaus lästige Lysimachia darf hier wachsen. Zusammen mit dem Fenchel ergibt sie ein schönes und stilvolles Bild. Ebenso vertragen sich auf charmanteste Weise Digitalis lanata und Fenchel. Die Liaison ist sicherlich wegen des Ausbreitungsdrangs des Fenchel nicht von Dauer, aber Digitalis ist ohnehin zweijährig und so kann man ihn bei Bedarf wieder dazwischen setzen.
Die Bachufer-Wiese
Auch hier versammeln sich die Staudengiganten. Dieses Beet hat als erstes keine Sonne mehr, da es sehr nah am Bach und Wald liegt. Es lohnt sich, dieses Beet ein paarmal zu umrunden. Zum einen gehört die 2,50 Meter hohe Pracht gebührend bestaunt, auch hier wieder das Spiel mit den Strukturen: Straff aufrecht mit schwebendem Kopf das Thalictrum, ein massiver Turm mit Schirm das Eupatorium. Dazwischen lässig hängend, aber strahlend weiß Sanguisorba tenuifolia Albiflora. Die weiße große Aster glehni und die kühle Flamme der Artemisia lactiflora „Elfenbein“ geben Licht im Beet. Die Wolke zu Füßen der Giganten macht Aconogon speciosus.
Zum anderen: Erst auf den zweiten Blick fallen die vielen Preziosen im Beet auf. Da ist die elfengleiche Galtonia, die tanzenden schmalen Blütenrispen der Bistorta amplexicaule, der kleinen Schwester des Aconogon. Ganz besonders und mir unbekannt: Lythrum virgatum, eine zarte Form unseres Lythrum salicaria. Sehr charmant und filigran ist „White Swirl“ mit den weißen Blüten. Daneben „Swirl“, ist etwas dichter besetzt mit pinken Blüten (sehen hier violett aus durch das abendliche Schattenlicht).
Hier der Rundgang um das Beet für Euch – wie immer am Rechner klicken für größere Bilder.
Deschampsia-Beet
Im Herbst stand eine Wolke aus Gras über dem Beet (siehe unten im Herbstbericht). Diese fällt in diesem Jahr aus, denn die Agastachen haben sich ziemlich verbreitet. Es bleibt spannend, ob die Deschampsia wieder zu alter Stärke zurückfinden, wenn die kurzlebigen Agastachen sich nicht mehr so stark versamen, weil das Beet mehr zugewachsen ist. Aber die Menge an Agastachen hat auch sehr viel Charme, sie geben dem Beet eine tolle Struktur.
Ansonsten ist das Beet nach wie vor großartig. Die hohen Rudbeckia maxima und Echinops „Arctic Glow“ bestimmen den Anblick, dazu die leuchtend gelben Patrinia-Dolden. Die dem Weg abgewandte Seite ist mit Großstauden bepflanzt: Veronicastum Adoration, Aster glehnii, Vernonia crinita Mammuth stehen wie eine Mauer. Maclaeya microcarpa „Spetchley Ruby“, der zarte Federmohn mit seinen schönen Blättern, bezaubert mich immer wieder, gerade in Kombination mit kräftigen Farben wie dem Phlox paniculata oder im Herbst mit dem lackroten Laub der dahinter gesetzten Cornus. Im Beet geben Verbena hastata, mittlerweile fast verblüht, mit ihren dunklen Ähren einen interessanten vertikalen Aspekt.
Eine Überraschung sind die dazwischen gesetzten Thalictrum delavayii „Album“, denn sie fügen sich trotz der Vielfalt des Hintergrunds sehr gut in das Beet ein. Sie schweben wie zarte Elflein über die Fläche. Die Elflein findet Ihr hier in der Bilderschau:
Das Verbena-Beet
Wer den Park am alten Bahndamm verlässt und den Fußweg weitergeht, kommt hinter den Bäumen auf einer weiteren Fläche heraus, auf der sich ebenfalls noch ein großes Beet befindet. Genauer gesagt sind es mehrere Beete. Und eigentlich müsste es Sesleria-Beete heißen, denn allen Beeten ist gemein, dass die wunderbare Sesleria autumnalis wie ein hellgüner Teppich die Basis bildet. In dem mittleren Beet prunken neben den Verbena bonariensis die Sonnenliebhaber wie Echinacea purpurea Alba, Liartis spicata „Florestan“, Gaura lindheimeri und Echinops yuccifolia. Dazwischen stehen straff aufrechte Gräser wie Panicum oder Calamagrostis „Karl Foerster“.
Links davon ist ein Kneipp-Becken, hier erstreckt sich eine Flut von Veronicastrum virginicum mit Sanguosorba tenuifolia, die im Abendlicht leuchten. Große Molinia brechen die Fläche optisch auf, aber auf eine sehr charmante und leichtfüßige Art, die dem natürlich wirkenden Beet entspricht.
Das große Finale bildet ein Beet, das vorwiegend aus Gräsern besteht: Markant erheben sich die Sprudler der Stipa gigantea, auf halber Höhe setzen Molinia „Moorhexe“ schwarze und Pennisetum „White Lancer“ weiße Akzente, die Basis bildet die hellgrüne Sesleria autumnalis. Dazwischen Amsonia und die hellen Kerzen der Heuchera villosa var. macrorrhiza und die Säulen von Digitalis ferruginea. Der Knaller im Beet sind leuchtend rote Crocosmia. Den endgültigen Abschluss des gesamten Beete-Reigens bildet eine Reihe von Zieräpfeln, eine tolle Idee, diese wunderbaren Bäume hier als Schlusspunkt zu setzen.
Da hier die Sonne am längsten steht, fotografierte ich bis in den Sonnenuntergang hinein bei fantastischem Licht. Dann waren zwei Stunden um und ich platt. Zeit für einen ruhigen Genuss auf einer der vielen Bänke, die dort stehen.
Wie immer hat es sich gelohnt, nach Böbingen zu fahren und es bleibt spannend, wie sich die Pflanzung in den kommenden Jahren entwickelt. Gepflegt ist sie jedenfalls, und ich finde es sehr gut. dass Böbingen es sich leistet, es solches Juwel im Schuss zu halten.
Hier zum Abschluss des Sommerbesuchs der Bilderbogen für diese Beete:
16. Mai 2020: Frühling und Allium-Tanz
Im Mai war es mal wieder Zeit für einen Besuch in Böbingen. In den Beeten dominierten Allium und Konsorten, zwischen dem mächtigen Austrieb der großen Stauden.
Vor allem auf der Bachufer-Wiese schossen die Stauden-Giganten in die Höhe und versprechen ein Spektakel für den Frühsommer und Sommer: Das dunkle Laub des Thalictrum Elin passt wunderbar zu den weißen Kerzen des Eremurus. Daneben steht das zarte Laub der Sanguisorba und die mächtigen Stängel des Aconogon speciosus.
Das Interessante ist die nahe Verbindung der Beete zu dem, was außerhalb der Beete wild wächst: Margheriten-Wiesen und zarte Nelken, Büsche oder Rohrkolben am Wasser. Wir waren am Abend da und genossen die Lichtflecke, die zwischen den Bäumen funkelten und im Wasser glitzerten und experimentierten herum mit den Lichtflecken.
29. Sepember 2019: Herbst in der Morgensonne
Von der Remstalgartenschau 2019 habe ich nicht viel gesehen. Dabei ist es nur um die Ecke! Aber manchmal klappt genau das Naheliegendste nicht. Zu guter Letzt habe ich es doch noch nach Böbingen geschafft. Da das Wetter Ende September noch tauglich war, habe ich mich aufgerafft.
Sonnenaufgang im Beet
Mein Plan war, den Sonnenaufgang weiter oben auf der Schwäbischen Alb zu erleben und dann immer noch zur Morgensonne zum Gelände der Remstalgartenschau nach Böbingen zu fahren. Grundsätzlich gut, aber als ich dort oben war, zeichnete sich ab, dass das Licht zum Sonnenaufgang farblos hart werden würde. So brach ich ab und kam daher zeitig in Böbingen an. Das war gut so, die aufgehende Sonne brachte die Beete zum Leuchten, überall hing der Morgentau.
Die Tautropfen verzauberten die Fotos mit Perlenletten und glitzernden Reflektionen. Die schräg stehende Sonne schuf ein Licht-und Schattenmuster, das stetig wechselte. Durch den starken Regen der vergangenen Tage waren einige der Stauden ins Kippen gekommen oder neigten sich deutlich zur Seite, was die Ensembles auf eine originelle Art bereicherte. Etwas mehr Wildnis als streng gekämmt liegt mir sowieso sehr. So entstanden Aufnahmen, die weniger die Beete zeigen, als die raffinierten Pflanzkombinationen und die Kontraste in Strukturen, im Werden und Vergehen.
Zuerst lief ich bis ans Ende, dort schien mir das Licht- und Schattenspiel in diesem Moment am schönsten. Dann ging es vor und wieder zurück, dem wechselnden Licht folgend, bis es vorbei war und einfach nur noch die Sonne herunterknallte.
Das Deschampsia-Beet
Auf Wolken von Gräsern schweben Echinops-Bälle, Rudbeckien, Vernonien, Sanguisorba-Schwänzchen und längst vertrocknete große Doldenblütler. Deschampsia sind dermaßen dankbare Gräser, sie blühen früh, die silbrige Wolke bleibt aber bis in den Winter stehen. Dazwischen fangen die plüschigen Federn von Achnatherum brachytrichium das Morgenlicht ein und ein paar aufrechte Soldaten von Calamagrostis acutiflora „Waldenbuch“ setzen Akzente.
Sie bilden die Bühne für eine Flut von dunkellila Astern, weißen Aster divaricatus mit ihrem rötlichen Laub, Flächen von Sedum und weißem und rotem Polygonum.
Längst verblüht aber dennoch attraktiv stehen die straffen Kerzen der Agastache, umspielt von einem Gitter von zarten blauen Knöpfen. Rotlaubige Cornus harmonieren perfekt mit den Samenständen und dem schönen Laub der Maclaeya.
Dieses Beet ist sicherlich ein Höhepunkt der Remstalgartenschau. Hier noch ein Bilderbogen mit weiteren Impressionen. Ich konnte mich gar nicht entscheiden bei der Vielzahl von höchst unterschiedlichen Lichtsituationen.
Die Bachufer-Wiese
Wie gigantische Sprudel ragen Molinia-Graser straff in die Höhe. Hier wachsen bunte Astern, die zusammen mit den Dolden von Cortia wallichiana flächige Sträuße ergeben und sich in die harfengleichen Stängel der Molinia weben.
Leuchtend gelber Hintergrund ist das wunderbare gelbe Laub der Thalictrum – ich vermute mal „Elin“ von der Größe her. Elfenbeinfarbige Wolken von Artemisia lactiflora kontrastieren zu den längst braun gewordenen Blütenständen einer Sanguisorba oder Rudbeckia nitida.
Alles hat eine ungeheure Größe erreicht, bis auf die Stauden, die wohl auf die gute Düngung nicht so reagierten oder länger zur Entwicklung benötigenden, wie die Amsonien, Bistorta und interessanterweise auch die sonst gern so übermächtigen Anemone japonica sind vergleichsweise klein geblieben und gehen im grandiosen Gewimmel fast unter. Die kleine Drift mit den sichelförmigen Amsonia-Blättern ist mit ihrem Sattgrün geradezu beruhigend im Durcheinander und hier entfaltet sich sicherlich in den nächsten Wochen ein gelbes Feuerwerk.
Die lanzenförmigen Blüten der Bistorta amplexicaule in Farben von weiß über rosa bis dunkelrot passen sehr gut zu den wunderschönen flachen Tellern der Cortia. Auch hier funktioniert das Prinzip von sich ergänzenden oder kontrastierenden Strukturen.
Auch hier habe ich eine kleine Galerie zusammengestellt, weil es so viele wunderbare Kombinationen und Sichten gibt.
Das Saat-Beet
Hier finden sich ausgesäte einjährige und auch ausdauernde Pflanzen in einem wilden Durcheinander. Es sind viele Bekannte dabei, aber auch ein paar echte Preziosen zu entdecken. Tagetes mit winzigen Knöpfchen, zauberhafte Lippenblütler und einjähriger Lein, zart mit Tautropfen überglitzert.
Iris-Taglilien-Beet
Von den namengebenden Pflanzen war lediglich noch eine Hemerocallis-Knospe am Aufblühen. Dafür wird das Beet nun von den Astern beherrscht, dazwischen die zarten gelben Rispen einer schlanken Solidago-Art. Die skurril verdrehten braun gewordenen Blütenstände des Digitalis ferruginea setzen Akzente. Zu diesem Beet, an dem ich am Anfang rasch vorbeigelaufen war, kam ich erst ganz zum Schluss. Da war die Sonne schon sehr hoch und ich schon etwas erschöpft und frühstücksreif und verließ den Teil Remstalgartenschau in Böbingen für ein Frühstück bei meinen Eltern.
Die Beete in Böbingen bleiben auch über die Remstalgartenschau hinaus bestehen und es bleibt spannend, wie sich die Pflanzen und die Kombinationen in den kommenden Jahren entwickeln werden.
Im vergangenen Jahr habe ich auch über ein paar Oktobergärten berichtet, aber da war die Lage eine ganz andere, der Sommer war sehr trocken und der Herbst anfangs sehr sonnig und warm. Hier ist der Garten von Heike und hier der von Sabine und Reinhard.
Sabine Pecoraro-Schneider meint
Deine Spaziergänge sind unsagbar schön!
Ein Hochgenuss die Fotos anzuschauen!
Sylvia Knittel meint
Danke Sabine! Diese Beete sind wirklich besonders schön und dann auch noch im Herbst bei schräg stehender Sonne, da geht einem das Herz auf…
Martina Henne meint
Hast du super eingefangen mit dem Licht und die Kombis sind paradiesisch…. so macht das Betrachten Spaß. Danke dafür LG
Sylvia Knittel meint
Ja, es ist einfach schön dort, Martina, Danke!
Iris Mogk meint
Was für ein toller Blog Beitrag! Sagenhaft schön!
Sylvia Knittel meint
Danke, Iris!
Sabine Pecoraro-Schneider meint
Ich weiß jetzt gerade nicht, was schöner ist – Fotos oder die Stauden-Kombinationen <3
Mir geht das Herz auf bei diesem Anblick!
Sylvia Knittel meint
Danke, liebe Sabine!
Joachim Hegmann meint
das nennt man kongenial