Nach viel zu kurzer Zeit kommt der Abschied von Ostgrönland und es geht zurück nach Island. Dort habe ich noch drei Tage Aufenthalt, die ich als Sicherheitspuffer eingebaut hatte. Man weiß ja nie so genau, ob die Flüge aus Grönland gehen. Die Flughäfen dort haben keinen Radar und so müssen bei schlechtem Wetter die Flüge ausfallen. Bei stabilem Sommerwetter also kein Problem. Allerdings ist es ein tränenreicher Abschied und es tut mir weh, dieses Land zu verlassen, das mir in zwei Besuchen so ans Herz gewachsen ist. Aber Island wartet. Und damit eine Insel, die ich schon immer mal besuchen wollte. Im vergangenen Jahr war es nur ein kurzer Tag als Stopover nach Narsarsuaq.
Reykjavík – charmante Hauptstadt
Auf dem Hinweg nach Ostgrönland verbringe ich einen Abend in Reykjavík. Eine Stadt, deren Atmosphäre mir irgendwie gefällt. Eine schöne Einstimmung! Am Abend sitze ich am Ufer und schaue in die Mitternachtssonne.
Küstenseeschwalben fliegen lärmend hin und her und schnappen sich kleine Fische aus dem Wasser. Ich liebe diese wilden, eleganten Flieger. Mit viel Glück kann ich das eine oder andere scharfe Foto machen, was bei diesen Fluggeschwindigkeiten eine echte Herausforderung ist. Was für Artisten! Wusstet Ihr, dass sie bis in die Antarktis fliegen um dort zu überwintern, wenn in den arktischen Gefilden der Winter einkehrt? Eine einzelne um die 100 Gramm schwere Schwalbe legt bis zu 90.000 Kilometer im Jahr zurück. Unglaublich, oder?
Gleich in der Nähe ist die Sun Voyager, eine unglaublich ästhetische Skulptur von Jón Gunnar Árnason aus dem Jahr 1986. Vor allem zur Zeit der weichen Mitternachtssonne leuchtet sie geheimnisvoll. Ein tolles Fotomotiv und so bin ich in dieser Julinacht nicht die einzige dort.
Überhaupt ist Reykjavík recht voll, es ist auch Stopover-Destination für viele USA-Flüge. Ist auch ein Geschäftsmodell, das die Isländer gezielt ausnutzen. Trotzdem ist es sehr angenehm, besser als ich dachte. Der Spaziergang zurück zur Unterkunft mitten in der Nacht führt mich durch die Stadt, die Clubs und Kneipen sind voll, auf der Straße tobt das Leben. Irgendwie schön.
Abendstimmung in Snæfellsnes
Nun komme ich also zurück, aber ich bleibe nicht in Reykjavík sondern steige in meinen Mietwagen und mache mich direkt auf den Weg. Ich will nach Olafsvík, einem kleinen Ort auf Snæfellsnes. Snæfellsnes ist eine langgestreckte Halbinsel auf der Westseite Islands und wird oft als „Iceland in a nutshell“ bezeichnet.
Der 1446 Meter hohe Vulkan Snæfellsjökull beherrscht den Westen der Halbinsel. Bewusst habe ich mir einen 4×4 ausgeliehen, und so geht es gleich die Schotterstraße zum Snæfellsjökull hinauf. Von dort will ich den Sonnenuntergang sehen, der im Moment etwa um Mitternacht hinter dem nördlich gelegenen Vesterålen stattfindet. Wolken wabern um die Berge und es ist ziemlich windig frisch. Also erstmal alles anziehen, inklusive Mütze. So kalt habe ich es in Grönland nur im Vollgas-Fahrtwind auf dem Meer gehabt.
Aber das Wetter ist typisch für Island. Und die Wolken sorgen für spektakuläres Licht – auch typisch für Island. So bekomme ich eine tolle Szenerie geboten, die mich für eine Weile von meinem Abschiedsschmerz ablenkt. Auch das Titelbild ist an diesem Tag entstanden.
Rund um den Snæfellsjökull
Olafsvík selbst ist eher verschlafen und ruhig, aber sobald ich mich am nächsten Morgen auf den Weg mache, wird es voll. Autos, Menschen, Camper – an allen Spots ist es busy. So versuche ich immer, den Massen aus dem Weg zu gehen. Irgendwann biege ich ab, ich habe erst einmal genug. Nach ein paar Kilometern Schotterstraße genieße ich eine (wirklich kurze) Tour auf den Raudhóll, einen Krater aus Vulkanasche. Die ganze Gegend habe ich für mich alleine. Mittlerweile bin ich an der Kante der Wolkenbank angelangt, die im Norden von Snæfellsnes hängt. Das Licht ist auf einen Schlag sehr hell und sehr hart.
Den Versuch, nach Djúpalónssandur an den schwarzen Strand zu gehen, gebe ich auf. Die Autos sehen einen Kilometer entlang der asphaltierten Straße und so kehre ich um und fahre weiter. So viele Menschen stressen mich immer, aber noch mehr nach den Tagen in der Weite Grönlands.
In Anarstapi bleibe ich hängen, die vielen Vögel dort faszinieren mich: Eider- und andere Enten, Mantelmöwen, Dreizehenmöwen, Gryllteiste und wieder meine Lieblingsflieger, die Küstenseeschwalben.
Abendleuchten
Zum Abend nehme ich die Schotterpiste am Snæfellsjökull entlang zurück nach Olavsvik. In der Höhe pfeift der Wind gewaltig und es erstreckt sich eine Mondlandschaft. Außer mir kein Mensch. Und der Sonnenuntergang ist mal wieder spektakulär.
Aber ich bin nicht alleine. Ein Piepen macht mich aufmerksam und ich schaue mich um. Und da sehe ich ihn: einen Regenbrachvogel, der über die Wiesen und Felsen ganz in der Nähe hüpft. Er schaut zu mir herüber und bleibt entspannt. Schließlich präsentiert er sich wunderschön im Abendrot.
Am nächsten Tag ist es in Olafsvík wolkig zugezogen. Ich muss ohnehin zurück Richtung Reykjavik, aber lasse mir Zeit mit vielen Stops. Hier zum Abschluss ein paar Stimmungsfotos mit viel Himmel und dramatischen Wolken, einfach „typisch“ Island.
Hier noch ein kleiner Island Bilderbogen für Euch:
Barbara Kramer meint
Ach herrlich, Island, meine Liebe ????Inzwischen leider oft total überlaufen aber diese Landschaften und das unvergleichliche Licht. Fantastische Aufnahmen, besonders der Wasserfall überm Säulenbasalt ????
Sylvia Knittel meint
Ich danke Dir, Barbara! Ja, Island ist schön und voll, aber es gibt bei genügend Abenteuerlust doch noch einige ruhigere Ecken. Man muss nur laufen 😉