Auch die fröhlichsten und schönsten zwei Wochen gehen einmal zu Ende und von Kangerlussusaq ging es für uns wieder zurück nach Europa. Diesmal hatten wir einen Flug direkt nach Kopenhagen. Für diesen langen fünfstündigen Flug braucht es einen klassischen Düsenjet, und der fliegt nur ab Kangerlussuaq, dem größten Flughafen Grönlands. Der Ort samt Flughafen liegt auf einer Ebene am Ende des langen Sondre Fjords auf Höhe des Polarkreises. Der Ort besteht aus ein paar Häusern, dann kommt der Flughafen mit der einzigen langen Landebahn des Landes.
Touristisch ist die Region recht gut erschlossen, denn fast jeder Besucher, der Grönland anfliegt, kommt früher oder später in Kangerlussuaq vorbei. Hier ist die Region, die am längsten in Grönland eisfrei bleibt und das konstanteste gute Wetter hat. Daher war der Flughafen auch die bevorzugte Anlaufstation für den Flug über die Arktis für das Militär. Viele lange Jahre waren die Amerikaner mit einer Base hier, heute findet sich hier auch noch das Militär mit verschiedenen Hangars. In der Hauptsache starten und landen hier die Flieger vom Festland und den Verteilern in die Orte der Westküste Grönlands.
Wir flogen am Morgen von Ilulissat nach Kangerlussuaq und checkten dort dann in das ziemlich schreckliche Hotel am Flughafen ein. Vom Stil her wie eine Jugendherberge aus den 50ern, die Zimmer alt und herunter gewohnt. Aber es gibt nunmal keine Auswahl. Und wenn das Wetter im Rest von Grönland schlecht ist, muss man hier zwangsweise ein paar Tage ausharren, bevor es weiter geht. Aber wir waren ja nicht da, um im Hotelzimmer zu sitzen, so ging es rasch weiter.
Weiter hieß, die längste Straße Grönlands zu befahren. Fast 40 Kilometer lang führt sie vom Ort bis hinauf zwischen die Gletscher am Icecap. Mit einem Truck ging es in Richtung Gletscher und wir wurden mitten in der Wüste abgesetzt. Ja, Wüste! Denn hier regnet es so wenig, dass die Pflanzen minimalistisch klein bleiben und riesige Flächen nur aus Sand bestehen (siehe Titelbild). Von dort aus wanderten wir Richtung Russell Glacier.
Gletscher-Hasen
Dabei stöberten wir einen Schneehasen auf, der offensichtlich gerade seinen Mittagsschlaf beendet hatte. Ich habe noch nie einen Hasen gähnen sehen und sich dann wie eine Katze strecken, bevor er dann davon hoppelte.
Am Ende des Russell Glaciers türmten sich die Granite auf. Wir wanderten durch die Landschaft und staunten über die glatt geschliffenen und intensiv gestreiften Steine. Warum musste ich dabei nur immer an Pyjamas denken?
Eine riesige Gletschermühle wurde von einem Wasserfall durchtost, der in mehreren Stufen über die Felsen stürzte. Eine wilde und weite Gegend, in der wir wie Zwerge waren. Die ganze Zeit in Grönland bin ich mir nicht so klein vorgekommen angesichts dieser gigantischen Natur wie hier.
Entlang eines großen Sees wanderten wir über einen Steilhang zum Ufer, das mit winzigen Weiden und Blaubeeren bewachsen war. Der Wind pfiff vom Gletscher her, so dass es dort schnell sehr kalt und ungemütlich wurde – auch wenn die Landschaft wunderschön in gelb und rot leuchtete.
Schließlich holte uns der Truck ab und brachte uns zwischen zwei Gletschern nach oben auf eine Landzunge. Den Sonnenuntergang verpassten wir knapp, aber da es wolkenlos klar war, war dieser auch eher etwas schmucklos und es wurde sehr rasch eisig kalt. Müde fuhren wir wieder zurück in den Ort.
Irgendwie waren alle etwas erschöpft von den vielen Eindrücken der letzten Wochen und sehnten sich nach einem netten Abendessen ohne Action. Trotzdem schauten wir in der Dunkelheit von der Terrasse des Restaurants gen Himmel, denn da das Wetter so gut war, bestand die Möglichkeit auf Nordlichter. Aber außer ein paar grünen Streifen war nicht viel zu sehen, dann zog es zu. Zeit für die letzte Nacht auf grönländischem Boden.
Eis von oben
Der nächste Morgen war grau. Wir hatten uns am Vorabend dafür entschieden, einen Rundflug zum Gletscher zu machen, daher war das graue Wetter besonders schade. Immerhin regnete es nicht und wir beschlossen, trotzdem zu fliegen. Die erste Runde waren Marianne und Roberto, Urs und ich. Netterweise durfte ich vorne neben dem netten Piloten sitzen 🙂 Also direkt in der Glaskuppel! Stefan machte Fotos vom Einsteigen und kurz vor dem Start – eines zeige ich hier, damit Ihr einen Begriff davon habt, wie klein der Flieger war.
Mir gefällt so etwas ja, ich liebe Fliegen. Aber es kam wie es kommen musste, wir wollten dies und jenes sehen und Nikolai, unser Pilot flog enge Schleifen, um uns Fotos zu ermöglichen – und mir wurde gnadenlos schlecht… Mal wieder erfuhr ich, dass manche Dinge, die ich liebend gerne tun würde, einfach nicht gehen – weder zu Wasser noch in der Luft. Irgendwas hat da der liebe Gott bei der Planung durcheinandergebracht. Alle an Bord suchten nach der Kotztüte – aber gebraucht habe ich sie letzten Endes glücklicherweise nicht. Ich beschäftigte mich stattdessen damit, Moschusochsen in der Wildnis zu entdecken. Erstaunlich, wie viele wir in der kurzen Zeit gesehen haben. Sie leben in Gegenden, in die man hier nicht einfach hinfahren kann, sondern schon mindestens einen Tag zu Fuß gehen muss.
Die Landschaft von oben ist toll und ich habe es sehr bedauert, dass mir mein Magen einen solchen Streich spielte. Die Gletscher sind von oben ja nicht eine weiße Fläche, sondern sie haben blau leuchtende Schmelzwassercanyons und blaue Seen. Diese waren allerdings schon zugefroren – eigentlich unüblich für diese Jahreszeit, aber dieser Sommer war in Grönland vergleichsweise kalt. Dann die vielarmingen Flüsse mit dem Gletscherwasser in den flachen Tälern – ein toller Anblick.
Ab nach Hause
Mit gemischten Gefühlen kam ich wieder am Boden an, schwummrig im Magen, traurig, dass das unser letztes Abenteuer in Grönland war und freudig über den schönen Flug. Frühstück, warten, Boarding und dann zurück nach Kopenhagen. Dort letzte schöne gemeinsame Stunden an der Hotelbar, am nächsten Tag ging es nach Hause via Zürich.
Ja, das war’s – zwei Wochen voller Erlebnisse mit einer ganz tollen Gruppe. Sensationelle Landschaften, grandiose Ausblicke, unglaubliche Natur. Ein fröhliches Miteinander mit gutem Austausch, gemütlichen Bieren und vergnüglichen Flachwitzen.
Geguidet von einem immer fröhlichen Stefan mit einer tiefen Liebe und riesigen Begeisterungsfähigkeit für die Natur. Und nebenbei viel gelernt über Land und Leute und übers Fotografieren und Filmen.
Hier: https://www.sylviaknittel.de/reisen/groenland/ findet Ihr alle Beiträge über Grönland.
Sabine Pecoraro-Schneider meint
Es muß schon ein berauschendes Gefühl sein, da zu sein, wo nur ein Bruchteil der Menschen hinkommt!! Spektakuläre Fotos!!
Schönen Sonntag!
Sylvia Knittel meint
Dieses Land ist in jeder Hinsicht speziell und hat mich zutiefst beeindruckt. Danke, liebe Sabine!
Euch auch einen schönen Sonntag