„I like Ice in the Sunshine“ konnte ich nicht freudig genug summen, als wir am 30. August um sechs Uhr in der Frühe in Narsaq aufbrachen mit unserer Puttut. Die Wolken waren nach dem Regentag am Aufreißen, sie hatten einen violetten Schimmer auf der Unterseite. Was für eine geniale Farbzusammenstellung mit dem Türkis der Eisberge!
Und was für Giganten! Amboss und Hammer in riesenhaften Dimensionen. Und die Natur hatte noch weiteres für uns vorbereitet. Während der Lichtschimmer an Horizont deutlicher wurde und der Himmel über den Wolken sich blau zeigte, nahm auch die Farbe der Eisberge zu.
Ich habe hier immer mal wieder kleine Galerien eingefügt. Klickt Euch einfach durch – selbst für diese Masse musste ich schon eine harte Auswahl treffen!
Lenticularis in ice
Nun gestaltete sich das Wetter wahrhaft extravagant. Der Wind war stärker geworden und am Himmel bildeten sich Lenticularis-Wolken mit ihrer typischen flachen aufeinandergestapelten Eiform. Ich war überglücklich, denn die Lentis sind nicht so häufig in einer so definierten Form – und dazu als Vordergrund die Eisberge. Besser ging es ja kaum.
Wolken wie weiße Vulkanausbrüche aus blauen Eisbergen, Wiederholung von Linien und dazu die skurrilsten Formen. Videos mit Ton stelle ich hier nicht ein, denn darauf hört man entweder unser durchgeknalltes Gegacker oder andauernde „Ah“-, „Oh“- und „Wow“-Ausrufe in vollster Ekstase. Aber so passiert das halt, wenn ein Haufen Fotografen auf die wohl sonderbarsten Dinge dieser Erde losgelassen werden. Irgendwie habe ich das ja nicht ganz geglaubt, als ich Stefans Fotos auf seiner Homepage gesehen habe, aber die Natur kann es besser, als wir uns das in unseren kühnsten Träumen vorstellen können.
Eisberge in der Bucht
Nach ein zweieinhalb Stunden auf dem Wasser gab es Frühstück, eine kurze Atempause, denn kurz darauf waren wir wieder auf der Puttut. Diesmal war das Ziel die Bucht hinter Narsaq, in die der Wind vom Meer die Eisberge weht. So ein Eisberg ist zwar nicht einfach zu schubsen, aber wenn er mal mit seinem großen Eissegel in Bewegung gekommen ist, auch nicht zu bremsen. Ein sehr gediegene Auswahl von Freaks hatte sich auf diese Weise in der Bucht versammelt. Wieder Zeit für ein paar ekstatische „Ahhhhh“s.
Am Morgen hatten wir übrigens einen „Fahrerwechsel“ in der Kabine der Puttut. Jens brachte uns fast bis auf die Eisberge. So nah war das fast schon unheimlich – unheimlich schön – und ohne Superweitwinkel hätte ich keine Chance gehabt. Chuck Norris der Puttuts zusammen mit dem Chuck Norris der Eisberge (Zitate Stefan) gekrönt von einem Sturmhimmel par excellence, was wollten wir mehr?
In Narsaq in die Höhe
Stefan fiel da schon noch was ein. Auf den Berg hinter Narsaq steigen. Prima Idee, es sollte ja nur der „kleine“ sein, etwa 350 Höhenmeter. Außer mir trauten sich nur noch Walter und Kurt mitzugehen. Das Ende vom Lied: Stefan und Kurt sprangen wie die Bergziegen den Steilhang hinauf, dann kam Walter, der Bergsteiger, mit seinem ruhigen und steten Schritt und dahinter hechelte ich. Bingo! Aber auch ich kam oben an, wo es zwar windete, aber die Aussicht wunderbar war. Denn mittlerweile war es fast vollständig aufgerissen und der Blick über den Fjord vor Narsaq und die Bucht, wo wir vor ein paar Stunden noch mit der Puttut waren, war grandios.
Dann ging es gleich wieder runter Richtung Bucht, querfeldein durch die Birken- und Weidenwälder. Wälder auf Grönland? Ja, klar doch, nur nicht das, was wir uns unter Wald vorstellen. Die arktischen Formen der Birke (Betula nana) und der Weide (Salix arctica) sind – je nach Lage eben nur 10-25 Zentimeter hoch. Und so kam ich mir vor wie eine Riesin auf dem Weg ins Tal. Aber zu den Pflanzen schreibe ich noch einen extra Blogbeitrag, denn damit habe ich mich intensiv beschäftigt.
Unten an der Bucht war Ebbe und manche Eisberge lagen auf dem Trockenen. Was für wunderbare Fotomotive selbst am hellen Nachmittag. Auf den Boden legen für schöne Sonnensterne war Pflicht.
Abendfahrt
Am frühen Abend – also im Grunde gleich nach unserer Rückkehr – ging es wieder auf die Puttut. Bis zum Sonnenuntergang vergnügten wir uns damit, an den Eisbergen die schönsten Sonnensterne zu fabrizieren. Das geht ganz einfach. Die Puttut fährt um den Berg und man wartet ab, bis die Sonne gerade so eben in einem Loch oder an der Kante erscheint. Klick, klick und fertig. Man sollte natürlich ein Objektiv haben, das schöne Sonnensterne produziert. Mit meinem Irix ging das gut, damit hatte ich auch schon in den USA gute Erfahrungen gesammelt. Findet Ihr uns auf unserem tollen „Gruppenfoto“?
Die goldene Stunde und der Sonnenuntergang brachten einem extremen Farbkontrast zwischen warmem Gelborange und kaltem Blauviolett. Ein kaum auszuhaltender Spagat und gerade darum fotografisch interessant.
Der echte Knaller zum Abschluss waren die Wolken, die in den Bergen hingen und von der untergegangenen Sonne in leuchtendem Orange angestrahlt wurden. Nein, ich habe nichts gemacht und keinen Dynamik- oder Farbregler in Lightroom oder Photoshop bewegt! Das sieht hier einfach so aus!
Nee, auch noch Nachts!
Gegen 21 Uhr waren wir wieder im Hotel, Abendessen. Aber wir waren etwas unruhig, denn um kurz nach zehn ging es gleich weiter. Da der Himmel klar war, wollten wir nach Nordlichtern Ausschau halten und gingen für einen wunderbaren Vordergrund zurück in die Bucht. Schon auf dem Weg zeigte sich der erste Streifen am Himmel, fast nicht sichtbar. Die Polarlichter sind ungefähr so zuverlässig vorhersagbar wie das grönländische Wetter. Entweder sie kommen oder sie kommen nicht. Zumindest in einer normalen Nacht ohne besondere Sonnenstürme. In Grönland sind die Chancen aber grundsätzlich gut, da die Insel in einem nahen Radius zum magnetischen Nordpol liegt, der sich momentan irgendwo in Kanada befindet (macht glaub ich Urlaub dort…).
Angekommen in der Bucht bauten wir auf und es passierte erst einmal nicht sehr viel. Warten, warten, warten, dann ging der Mond hinter uns auf und beschien die Eisberge. Der Vordergrund war also schonmal genial. Da es mit 5 Grad aber angenehm warm war, war es auch auszuhalten. Und schließlich zuckten immer wieder Nordlichter über den Himmel, vorzugsweise, wenn wir uns gerade entschieden hatten, einzupacken. So ist auch das Foto entstanden, in einer Blitzaktion, nachdem die Kamera schon vom Stativ abgenommen war.
Hundemüde aber glücklich liefen wir die halbe Stunde zurück zum Hotel, wo wir gegen halb drei in die Betten plumpsten. Dieser Post ist definitiv viel zu lang, aber der Tag war es auch und er musste gefeiert werden. Es geht weiter im kommenden Beitrag mit unserer Fahrt nach Qaqortoq am nächsten Tag – versprochen, der wird kürzer! Der vorige Beitrag steht hier.
Steffen M. meint
Geniale Bilder, sensationell, vor allem die Eis Bilder. Hoffentlich fallen diese schönen Naturkunstwerke nicht der Klimaerwärmung zum Opfer ?
Sylvia Knittel meint
Danke, Steffen! Das wünsche ich mir auch, aber ich habe wenig Hoffnung. In Grönland kann man praktisch beim Klimawandel zusehen. Da ich zum ersten Mal da war, fiel mir das auf den ersten Blick natürlich nicht auf, aber diejenigen, die dort leben oder schon öfters da waren, berichten von einem riesigen Gletscherrückgang.