Die vergangenen Tage habe ich so viel erlebt, dass ich gar nicht zum Schreiben gekommen bin. Doch von vorne: Die Nacht in St. Mary im Glacier Nationalpark war toll, direkter Blick auf die Sterne und auf die verschneiten Gipfel vom Schlafsack aus, inklusive Sonnenaufgang. Da ich aber wusste, dass die Zeit des schönen Wetters vorbei geht, habe ich mich schweren Herzens von dieser wunderbaren Gegend verabschiedet und bin losgefahren Richtung Yellowstone.
Man verlässt die grüne Ostseite des Glacier NP und fällt praktisch unvermittelt in die Great Plains: Gelbe Ebenen, soweit das Auge reicht. Der Horizont verschwindet im irgendwo. Da ich aber parallel zu den Rockies gefahren bin, hat mich die Reihe verschneiter Gipfel die ganze Zeit zu meiner Rechten oder auch vorne begleitet.
Wieder unterwegs
Als ich wieder Netz hatte – und in ein T-Shirt gewechselt war, weil es so warm war, sagte mir der Wetterbericht genau drei Tage gutes Wetter vorher: Heute, morgen, übermorgen. Danach Regen und dann Schnee. Je nun, dachte ich mir, ich bin ja früh los, da kann ich doch gleich durchfahren, ohne die geplante Übernachtung südlich von Helena. Gesagt, getan. Die verschneiten Gipfel haben mich keine Sekunde dieser langen Fahrt im Stich gelassen, und so waren das 400 Meilen voller Genuss und Freude. Montana ist so schön! Dieser Stoßseufzer musste jetzt sein.
Nun ja, ab Livingstone geht es dann ein Tal entlang bis Gardiner, dort ist der Nord-Eingang des Yellowstone National Parks. Das war schon toll, die Sonne ging langsam unter und ich habe noch eine riesige Herde Wild gesehen, etwa 100 Tiere. Da musste ich doch anhalten.
In Gardiner dann habe ich erfahren, dass alle Campingplätze im Park voll sind – ich musste also in der Dunkelheit umdrehen, 12 Meilen zurück fahren und auf einen Platz, den mir meine App angezeigt hatte. Nun ja, dann ist das so, ist aber nicht schlimm. Denn meine ersten Anlaufstation war Mammoth Hot Springs, kurz hinter dem Park-Eingang. Da war ich dann morgens zum Sonnenaufgang, es hat sich wirklich gelohnt.
Durch Yellowstone zu den Tetons
Nach der kleinen erfrischenden Morgentour bin ich wieder ins Auto gestiegen und direkt durchgefahren zur Madison Junction. Die Hauptstraße des Grand Loop zwischen Mammoth und Norris war gesperrt, also musste ich über Tower Falls (enttäuschend) auf den Dunraven Pass (2700 Meter) und Canyon Village fahren. Eigentlich wollte ich vom Pass aus auf den Mit. Washburn (3122 Meter) steigen. Aber ab 2500 Höhenmetern ist praktisch alles verschneit. Nun ja, Pläne ändern sich… Und wie!
Am Madison Campground angekommen, war auch für die kommende Nacht nichts mehr frei, dabei war es noch nicht einmal halb 11. Aber für die Nächte darauf. Kurz entschlossen das abgemacht und wieder die Pläne geändert. Dann fahre ich halt in den Grand Teton Nationalpark. Sind nur 80 Kilometer weiter. Einen kleinen Abstecher in die Fountain Paint Pots und in das West Thumb Geyser Basin am Yellowstone Lake habe ich dann doch noch gemacht, aber war genervt von den vielen Menschen dort. Ein Betrieb wie auf dem Jahrmarkt, busseweise Chinesen, so dass ich fast gedacht habe, ich hätte mich ziemlich weit verfahren…
A propos fahren: Im Yellowstone fährt man die meiste Zeit durch den Wald. Links und rechts White Pines, davor die Straße und darüber der Himmel. Da kann man schon ganz schön die Orientierung verlieren. Nach ein paar Meilen wünschte ich mir sehnlichst einen netten Ausblick.
Lässige Typen im Grand Teton Nationalpark
Aber ich war dann zeitig am Signal Mountain Campground, bekam einen schönen Platz und habe die Aussicht auf die Tetons und den Jackson Lake genossen – ich konnte mich kaum satt sehen. Cool geht es hier zu, die Leute sind unaufgeregt lässig und ich habe mich sofort wohl gefühlt. Die Ausblicke sind einfach berauschend. Vor einem die Tetons, rund herum in größerer Entfernung eine Kette von 3000ern und 4000ern: Absaroka Range, Gros Ventre Range, Washakie Range. Alles im leuchtenden Blau des Himmels und später im Feuer der untergehenden Sonne. So etwas ist Glück pur.
Der nächste Morgen begann etwas ungeplant, denn ich hatte mich morgens um halb sieben aus meinem Camper ausgesperrt. Der Schlüssel steckte, doch die Türen waren verschlossen. Dumm das… Nun ja, im Café und in der Rezeption der nahegelegenen Lodge war schon jemand, die haben mir sehr nett weitergeholfen und einen Locksmith aus Jackson organisiert. Der brauchte eine Stunde etwa bis zu mir, was bedeutete, dass ich den Sonnenaufgang verpasse. Ich saß dann im Warmen in der Hotellobby, es hatte ja Raureif draußen, und habe mir den Sonnenaufgang von dort angesehen. Zuerst das zarte violettrosa des Himmels hinter den Bergen, dann das zarte orange von den ersten Strahlen der Sonne. Bilder gibt es keine, war ja alles (außer mir und meiner Taschenlampe) im Camper eingeschlossen. Aber ich werde diesen Sonnenaufgang in meinem Herzen bewahren.
Seen und ein Fluss
Die Ladies im Café haben mir dann noch einen Kaffee spendiert und der Locksmith war ein lustiger Typ in meinem Alter und hat mein Problem in 10 Minuten gelöst. Dann konnte ich los. Es war ja immer noch Morgen und gerade mal 8 Uhr! Zeit für ein paar Panoramen und einen Spaziergang an den kleineren Seen. Vor allem Jenny Lake ist sehr schön.
Danach habe ich noch eine Tour hoch zu den Taggart und Bradley Lakes gemacht, grandiose Ausblicke auch hier mit dem herbstlich gefärbten Laub. Das Titelbild ist auf der Tour entstanden. Jede Sekunde ist etwas für’s Herz. Und bei dem unglaublichen Wetter nich dazu, ich bin nur im Shirt gewandert, so warm war es.
Die Geologie ist interessant: Der Snake River (an dem ich jetzt übrigens sitze beim Schreiben – aber viel weiter flussabwärts) hat ein tiefes Tal eingegraben, links und rechts davon sind Anhöhen, die in Ebenen übergehen. Diese Anhöhen sehen aus, wie mit dem Lineal gezogen – vielleicht sind es auch frühere Gletschermoränen.
Aber ich musste ja wieder zurück – zu meinem Bedauern – denn ich hatte ja den Campingplatz in Yellowstone gebucht. Also wieder den Berg hoch und zwei Pässe später erstmal im Stau stehen. Stau? Der ist nicht den Touristen geschuldet sondern den Bisons, denen Straßen und Autos erstmal herzlich egal sind. Doch dazu im nächsten Beitrag.
Im Moment
Im Moment sitze ich in der Nähe von American Falls am Snake River – oh yeah, es gibt wieder Netz, sogar LTE! Das hier ist ein Campground for free, aber immerhin mit Plumpsklo. Die Amis haben es schon drauf mit dem Campen. Und die App Ultimate Campgrounds ist einfach genial, denn ohne die würde ich diese Plätze gar nicht finden. Der Fluss rauscht vorbei, es schwimmen Pelikane darauf und der Sonnenuntergang war ein Spektakel. Das ist mein Platz für die Nacht, direkt am Fluss. Den Platz habe ich von einem Angler bekommen. Erst stand ich einen Platz weiter oben, bin aber zum Fluss gelaufen, weil ich den Sonnenuntergang fotografieren wollte. Da bin ich mit zwei Anglern ins Gespräch gekommen. Der eine meinte, dass er gleich gehen würde und ich seinen Platz direkt am Fluss haben könnte, der andere zeigte mir seine Fänge, vier wunderbare Regenbogenforellen und bot mir ein Stück geräucherte Forelle an. Nette Leute hier in Idaho…
Heinz D. Schultz meint
Die Bilder, man spürt den morgentlichen Raureif förmlich, beschreiben wieder das #WunderbareLand.
USA mit dem Blick durch den Sucher (Canon Sucher!!) erinnert an Abenteuer für den / die Protagonisten und diejenigen die zuhause mitlesen dürfen. Sehr schöne Geschichten die zum heißen Kaffee oder edlen Wein passen. Gefällt mir sehr. Zum Glück kommt noch mehr Stoff 🙂
P.S.: Das Bärenspray hätte ich zum Schutz vor einigen Politikern (neu gewählte) gut gebrauchen können. Zahle Höchstpreise.
Sylvia Knittel meint
Hihihi, ob das Bärenspray bei Politkern hilft, kann ich nicht sagen. Hab es noch nicht probiert…