Ein Vergleich zwischen zwei so unterschiedlichen Schaugärten wie dem in Weihenstephan und dem Hermannshof in Weinheim ist ein unmögliches Unterfangen. Trotzdem liegt es nahe, wenn man so wie ich beide Gärten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zu sehen bekommt. Es hat eine Weile gebraucht, bis es mir gelang, die verschiedenen Charakteristika in Worte zu fassen. Um es einfach zusammenzufassen: Beide Anlagen sind richtig toll und regelmäßige Besuche wert, denn nur so lässt sich beurteilen, wie verschiedene Pflanzenkombinationen das Jahr über wirken.
Sichtung im Vergleich
Weihenstephan ist ein offensichtlicher Sichtungsgarten. Dort gibt es flächenweise Pflanzungen verschiedener Sorten zum Vergleich. Beispielsweise bei den Echinaceen ließ sich deutlich erkennen, welche Sorten stabil und wüchsig sind. Bei den Persicaria war mir hinterher klar, dass ich die sehr geometrischen amplexicaulis-Sorten am liebsten mag. Und selbst die Heuchera, nicht gerade meine Lieblingspflanzen, machten in der Masse der Verschiedenartigkeit richtig was her.
Die Flächen sind voneinander abgegrenzt, teils durch Hecken, so dass man immer wieder neue Gartenräume betritt. Zu den Versuchsbeeten gesellen sich direkt daneben schöne Beetflächen mit charmanter Gestaltung.
Im Hermannshof setzt man auf das Kombinieren, so kann der Betrachter erkennen, wie sich eine Sorte im Zusammenspiel mit anderen Stauden desselben Lebensbereichs verhält. Grundsätzlich wird nach Lebensbereichen und damit nach Licht-, Wasser- und Bodenbedürfnissen gepflanzt. Prof. Cassian Schmidt, eine Kapazität, probiert gerne immer wieder Neues und beobachtet, wie sich die Kombinationen über die Zeit entwickeln. Ein Beet, das im vergangenen Jahr toll war, hat in diesem Jahr seine Schwächen und umgekehrt. Das Artischocken-Malvenbeet hat in diesem Jahr unter dem vielen Regen gelitten, während die gemischten Hochstaudenbeete im Stil des Dutch Wave in diesem Jahr einfach nur toll stehen.
Schmidt pflanzt blockweise, wie es in der Natur oft vorkommt. Damit erzeugt er eine ganz besondere Wirkung auch bei filigraneren Pflanzen. In Massen gesetzt, entfalten die zarten und filigranen Gaura zusammen mit dem Melica transsylvanica eine unvergleichliches Flirren in der heißen Sommerluft.
Augenpulver Prachtborder
Ein echter Kracher sind in Weihenstephan die Prachtborder. In dieser Farbigkeit sind sie sicher einmalig hier. Bis auf die Gräser sind dort fast nur einjährige oder in unserem Klima nicht winterharte Pflanzen gesetzt. Damit sind die Pflanzen sehr dicht gesetzt und ergeben einen sehr geschlossenen Eindruck. Steile Canna, Zinnien, Dahlien, schwarzlaubige Lobelien, Berlanderia und Ricinus geben dem roten Border Feuer. An das rote Border schließt sich das weiße an mit Löwenmäulchen (Antirrhinum), Cleome, verschiedenen Doldenblütlern und weißen Zinnien und Cosmeen. Auch weiß und rosa mit dunkellaubigen Cotinus ergeben eine raffinierte Kombination.
Solche Border gibt es im Hermannshof nicht. Lediglich am Haus entlang findet sich ein 10 Meter langer Streifen, in dem Prof. Cassian Schmidt immer wieder im Vergleich zur restlichen Pflanzung schräge Kombinationen ausprobiert. In diesem Jahr verbindet er eine dunkelrote und eine wilde Kombination mit einer hellbraunen Amaranth-Art (Amaranthus cruentus „Hot Biscuits“), ähnlichfarbigen Zinnien, leuchtendroten Lobelien und knalllila Salvia.
Lieblingsecken
Meine Favoriten sind immer die Bereiche mit den eher sonnig-trockenen Bereichen, also Prärie und Steppe. Hier hat Weinheim wie Weihenstephan Wundervolles zu bieten. In beiden Gärten spielen die abgeblühten Pflanzen eine wesentliche Rolle als Strukturgeber. In Weihenstephan war dieser Beetbereich durch die vielen blauen Eryngium und die interessanten Kombinationen fast der interessanteste (siehe auch Titelbild). Vertikale Struktur gaben hier die Verbascum.
Im Hermannshof sind es die markanten Köpfe der Echinacea und die grauen Türme der Amorpha (Bleibusch). Damit wird ein ähnliches Prinzip verfolgt, aber mit einer ganz anderen Ausführung.
Bitte fragt mich nicht, was mir besser gefällt, denn ich kann es nicht sagen. Der Hermannshof ist eben eindeutig ein richtiger Schaugarten, während in Weihenstephan die Forschung im Vordergrund steht. Und dazu gehört die offensive und spektakuläre Verwendung voluminöser Pflanzungen, während im Hermannshof alles etwas natürlicher wirkt. Schön ist beides und für den vollen Genuss gibts es hier nun zwei Slideshows zum Schauen und Staunen.
Wurzerlsgarten meint
wow, liebe Sylvia, das ist Oberhammer, fast als wäre ich am 2. Tag auch mit dabei gewesen. Du hast völlig recht, 2 Spitzenanlagen, die man in der Qualität beide als aussergewöhnlich bezeichnen muss, sicher mit das Beste, was wir in Deutschland im Staudenbereich haben, aber durch die unterschiedlichen Konzepte unvergleichbar.
Dafür hast Du Beide unvergleichlich schön und sensibel und klug präsentiert. Vielen Dank, ich habe es sehr genossen.
Sylvia Knittel meint
Danke für die Komplimente, liebe Renate! Es war schön, mit dir zusammen Weihenstephan zu entdecken, wir hätten aber noch viel mehr Zeit gebraucht 😉 Nächstes Mal dann…
Sabine Pecoraro-Schneider meint
Unbeschreiblich……Weihenstephan kenne ich auch – Weinheim steht oben auf der Wunschliste!!
Sylvia Knittel meint
Es lohnt sich immer wieder… Weinheim würde dir auch gefallen!
Kerstin Trott meint
Was für wunderbare Porträts. Wenn der Weg nur nicht so weit wäre – die Bilder sind wunderschön und ebenso wie die Texte sehr inspirierend. Vielen Dank!
Mit herzlichen Grüßen aus Hamburg
Kerstin Trott
Sylvia Knittel meint
Hallo Kerstin,
ich danke Dir! Ja, diese beiden Gärten sind weit für dich, aber im Norden gibt es auch so einiges, was sich zu sehen lohnt. Z.B. den Garten Moorriem bei Bremen (etwa so weit wie von mir aus nach Weinheim…). Und soll ich dir mal was sagen? Ich finde Planten und Blomen in Teilen sehr attraktiv, vor allem im Herbst, wenn Astern und Miscanthus blühen 😉
Herzliche Grüße zurück nach Hamburg!
Sylvia
Tatjana meint
Und wieder einen neuen Blog entdeckt.. 🙂 Im Sichtungsgarten Weihenstephan war ich auch schon. Du hast ihn super beschrieben.
Nach Weinheim würde ich auch gerne mal fahren, ist genau mein Stil!
Viele Grüsse
Tatjana
Sylvia Knittel meint
Hallo Tatjana,
mich würde interessieren, wie Du Weinheim empfindest, nachdem Du Weihenstephan ja zuerst kennen gelernt hast… Der Weg lohnt sich, zumal Weinheim ein richtig schnuckeliges Städtchen ist.
Viele Grüße und herzlichen Dank!
Sylvia
Tatjana meint
Ich auch 😉 Vielleicht klappt es Anfang Mai, wenn die Strauchpfingstrosen blühen 🙂
Joachim Wenk meint
Super schöne Fotos und wirklich gute Zusammenfassung der jeweiligen Charaktere der beiden Gärten. Kenne beide nur vom Namen und kann mir jetzt von beiden endlich Mal ein Bild machen, was man dort nun eigentlich sieht. Ich finde die Kombination hier wundervoll „Echinacea purpurea „Green Envy“ mit Phlox und Veronicastrum in Weihenstephan“.
Sylvia Knittel meint
Hallo Joachim,
ich sehe deinen Kommentar erst jetzt… Danke für das Lob. Beide Gärten sind wirklich toll und sehr eigen, es ist spannend, die Unterschiede wahrzunehmen und auch zu formulieren!
Jutta Heußlein meint
Liebe Silvia,
danke für den link! Da ich beide Anlagen kenne, mußte ich sofort Deinen Bericht lesen. Ich kann nur sagen: Sehr gelungen! Und die Fotos sind einfach der Knaller. Vielleicht treffen wir uns ja irgendwann mal in Weinheim oder einem anderen schönen Garten zu gemeinsamen Fotografieren.
Herzliche Grüße und bis bald!
Jutta
Sylvia Knittel meint
Liebe Jutta,
danke für das Kompliment 🙂 Freu mich schon auf unser Wiedersehen!
Grüße aus dem regnerischen Schwabenländle
Sylvia
Renate Waas meint
wow – ein toller Bericht!
Im Sichtungsgarten bin ich noch immer regelmäßig und finde immer wieder neue Inspiration. Weinheim steht ganz oben auf meiner Wunschliste!
Ich hoffe sehr, dieses Jahr klappt es.
Ich liebe das Trockenbeet mit den blauen Disteln sehr!
Wunderschöne Bilder!
Viele Grüße von Renate
Jutta Heußlein meint
Wenn Du mal eine Tour in die Nähe von Regensburg / Bayerischer Wald machen möchtest – bist herzlich eingeladen!
Ich wünsch‘ Dir einen schönen Frühlingsanfang! Für mich ist morgen Feiertag – egal ob’s Stürmt oder Schneit.
Sylvia Knittel meint
Planung ist in Arbeit, Jutta!